Pimpinellenberg

Prof. Wenzel
Prof. Wenzel

Der NABU Landesverband Brandenburg hat 2010 den ökologisch wertvollen sog. Sandberg des Pimpinellenberg bei Oderberg gekauft. Wegen mangelnder Pflege stand der einzigartige Trockenrasen, welcher den Wert des Naturschutzgebietes ausmacht, teilweise durch Überwucherung vor der Zerstörung. Im Jahr 2011 konnte der NABU Landesverband Brandenburg zudem eine weitere wertvolle Teilfläche, bestehend aus Schlucht und Streuobstwiese, erwerben.

Dieser äußerst wichtige Kauf wurde durch eine Finanzierung vom Naturschutzfonds Brandenburg und durch eine Spende von Prof. Dr. med. Klaus-Werner Wenzel ermöglicht. Prof. Wenzel ist dem Naturschutz schon seit langem verbunden. Er wurde von Herrn Manfred Gerstberger von der „Entomologischen Gesellschaft ORION – Berlin  (gegründet 1890)“  auf den Niedergang dieses berühmten, einmaligen Biotops aufmerksam gemacht. Durch Prof. Joachim Oehlke und Prof. Jürgen Endtmann  (die schon 1974 die Unterschutzstellung des Gebietes beantragt hatten)  wurde Prof. Wenzel dann bei einer gemeinsamen Exkursion von der notwendigen Rettung dieses Naturschatzes überzeugt.


Wegen seiner wertvollen Pflanzen- und Tierwelt von überregional herausragender Bedeutung ist der Pimpinellenberg im Jahr 1984 als Naturschutzgebiet ausgewiesen und später als FFH-Gebiet anerkannt worden. Als Schutzziel gelten die Erhaltung des Artenreichtums xerothermer Pflanzengesellschaften und das dadurch ermöglichte Vorkommen seltener Tierarten.

Veränderliches Rotwidderchen (Zygaena ephialtes)
Veränderliches Rotwidderchen (Zygaena ephialtes)

Auf der ältesten, zuverlässig verwertbaren Karte, einem Urmesstischblatt aus dem Jahre 1844, wird der Pimpinellenberg namentlich erwähnt. Mit den aufkommenden Naturwissenschaften wurde schon früh die Bedeutung der Pflanzendiversität dieses Biotops erkannt, und so wurde etwa seit dem Jahr 1850 der Pimpinellenberg das bevorzugte Exkursionsziel der renommiertesten Botaniker der Berliner Universität und der  „Königlich-Preußischen Forsthochschule“  in Eberswalde. Aus nachfolgenden Institutionen letzterer stammt auch Prof. Dr. Jürgen Endtmann, dem seit den 70er und 80er Jahren die systematische Erfassung des rezenten Pflanzenbestandes in umfassenden  Dokumentationen zu verdanken ist (bereits 1979 waren 34 typische  Pflanzenarten ausgestorben).

Wissenschaftliche Dokumentationen der Fauna mit ihrer  herausragenden Artenvielfalt auf dem Pimpinellenberg setzten in den frühen 30er Jahren ein. In verschiedenen Publikationen wurden die einzelnen Tiergruppen beschrieben. Auch Inaugural-Dissertationen haben sich dem Pimpinellenberg gewidmet. Von einzigartigem Wert ist die Wirbellosen-Fauna. Neben Käfern, Heuschrecken, Wildbienen, Spinnen, und Schnecken sind die dort lebenden Schmetterlinge besonders gut untersucht. So konnte der renommierte Lepidopterologe Arnold Richert aus Eberswalde in seinen Veröffentlichungen in den Jahren 1993 und 1994 im Gebiet des Pimpinellenbergs  602 Nachweise verschiedener Arten von Großschmetterlingen aufzeigen. Auch zahlreiche landes- und bundesweit stark gefährdete ebenso wie vom Aussterben bedrohte Arten wurden gefunden. Einige kommen innerhalb Deutschlands nur dort vor, bzw. sind anderenorts äußerst selten. Ähnliche Besonderheiten treffen für die anderen oben genannten Tiergruppen ebenso zu.

Vegetation
Vegetation

Geologisch befindet sich der Pimpinellenberg an der Grenze der Pommerschen Haupteis-Randlage zum südlich anschließenden Niederoderbruch (saale-eiszeitliche Grundmoräne). Der nordwestliche Teil besteht aus einer Geschiebeschüttung mit (Mergel-)Sandböden, und der südöstliche Bereich aus oberem Geschiebe-Mergel, der von lehmigem Sand bedeckt ist. Eine Blockpackung an der südlichen Abbruchkante des Sandberges hatte bis Mitte des letzten Jahrhunderts dem Sandabbau gedient. Ökogeschichtlich ist das heute so artenreiche Gebiet unter dem Einfluss des Menschen entstanden  (Bereits im 16.  und 17. Jahrhundert  Schafhaltung, auch Weinbau an den Oderhängen im 18. Jahrhundert, später extensive Weidenutzung). Es entwickelten sich wärme- und lichtliebende Rasengesellschaften. Neben der günstigen Bodenbeschaffenheit bewirkte offenbar die exponierte Lage mit sonnenbestrahlten, steileren Süd- und Südosthängen und flacheren, noch sonnenbeschienenen Nordosthängen den besonders vielfältigen und artenreichen Pflanzenbestand vor allem auf dem östlichen sog. Sandberg des Pimpinellenbergs. Auf der Grundlage dieses Pflanzenreichtums konnte der Pimpinellenberg zur Herberge einer vielfältigen Tierwelt von überregional herausragender Bedeutung werden.
 
Die Lebensgrundlage für diese interessante und schutzbedürftige Tierwelt, die steppenähnlichen Trocken- und Halbtrockenrasen, wurde in jüngerer Zeit durch extensive Wirtschaftsweise mittels Schafbeweidung sowie Pflegemaßnahmen von Mitgliedern der Fachgruppen des „Kulturbundes“ erhalten, wobei der sinnvolle Einsatz dieser Erhaltungsmaßnahmen in erster Linie durch Prof. Dr. Joachim Oehlke vom Entomologischen Institut in Eberswalde gewährleistet worden ist. In den Jahren 1991 - 2007 gestaltete sich die Pflege dann zunehmend schwieriger. Mit finanzieller Unterstützung durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin sorgte die „Agrar-Genossenschaft Oderberg“ für kostenintensive Handmahd und aufwendige Beseitigung aufkommender Gehölze, vor allem auf dem südlichen Steilhang und dessen Fußbereich. Wissenschaftliche Begleituntersuchungen bzgl. der Auswirkungen auf Pflanzen- und Tierwelt in Abhängigkeit von Quantität und Qualität einer gesteuerten Schaf- und Ziegenbeweidung erfolgte durch den  „Verein für Naturschutz und Nutztier-Ökologie“ (Dr. Elisabeth Rieger). Im Jahre 2008 wurde die Pflege leider erstmals gänzlich ausgesetzt, nachdem der genannte Verein seine Tierherde aufgegeben hatte. So haben bereits eine die bedeutsamen Trockenrasen-Gesellschaften gefährdende Verbrachung mit Dominanz weniger Obergräser und in besonders bedrohlicher Weise die Verbuschung durch sich rasant ausbreitende Gehölze wie Schlehe und Robinie eingesetzt.

Die Verwaltung des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin und der NABU Barnim wollen deshalb nach dem Kauf ein neues Pflegekonzept für den Pimpinellenberg erstellen. Auf Einladung von Jörg Peil (Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin) und Dr. Hartmut Kretschmer (Landesumweltamt Brandenburg) wurden mit allen betroffenen Personen und Institutionen bei einem Vor-Ort-Treffen Absprachen hinsichtlich der Abstimmung sinnvoller Pflegemaßnahmen in dem Naturschutzgebiet getroffen. Es soll eine kleinere Schafherde von Herrn Goier in kleinparzelliger Koppelung auf den Flächen des sog. Schlangenberges und des Sandberges rotieren. Dabei sollen jährlich alternierende Teilbereiche von der Nutzung ausgespart bleiben, um so als Nektar- und Pollenspender sowie als Rückzugsraum für gefährdete Tierarten zu fungieren. Vor allem aber soll vorhandene und aufkommende Gehölz-Sukzession durch geeignete Pflegeeingriffe zurückgedrängt werden. In weniger sensiblen Bereichen soll die Schafherde durch eine gesteuerte Beweidung mit Galloway-Rindern ergänzt werden. Der Erfolg der geplanten Maßnahmen soll mittels eines gezielten Monitoring-Programms durch Herrn Oliver Brauner vom NABU Kreisverband Barnim begleitet werden. Als vorrangiges Ziel wird angestrebt durch Steuerung der Bewirtschaftungsintensität eine optimale Entwicklung der überregional bedeutsamen Pflanzen- und Tierwelt des Pimpinellenbergs zu gewährleisten.