Bedroht und nicht geliebt

Die Turteltaube hat für uns Menschen schon immer einen großen Symbolwert. Doch leider ist unser Vogel des Jahres 2020 nicht nur Symbolbild der Liebe und des Friedens – vielmehr ist er stark gefährdet. Mit einer Petition wollen wir die Jagd auf Turteltauben in der EU jetzt stoppen.

11. Oktober 2019 - Sie ist ein Symbol für die Liebe, ihre Lebensbedingungen sind aber wenig romantisch: Die Turteltaube. Gemeinsam mit seinem bayerischen Partner LBV (Landesbund für Vogelschutz) hat der NABU die Turteltaube zum Vogel des Jahres 2020 gewählt. Die Aufmerksamkeit muss dringend auf die Turteltaube gelenkt werden, denn sie ist stark gefährdet. Seit 1980 haben wir fast 90 Prozent dieser Art verloren, ganze Landstriche sind turteltaubenfrei. Unsere kleinste Taube findet kaum noch geeignete Lebensräume. Zudem ist sie durch die legale und illegale Jagd im Mittelmeerraum bedroht.

 Foto: Alexander Wirth/www.naturgucker.de
Foto: Alexander Wirth/www.naturgucker.de

Früher hat man das markante Gurren der Turteltaube an jedem Dorfrand oder Flussufer gehört, denn Wildkräutersamen an Feldwegen und Feldfrüchte aus Zwischensaaten boten ausreichend Nahrung. Heute brüten Turteltauben häufig auf ehemaligen Truppenübungsplätzen oder in Weinbauregionen, wo sie noch geeignete Lebensbedingungen vorfinden.

Die Turteltaube ist der erste vom NABU gekürte Vogel, der als global gefährdete Art auf der weltweiten Roten Liste steht. Heute brüten bei uns nur noch 12.500 bis 22.000 Paare. Die meisten der höchstens 5,9 Millionen Paare Europas leben in Spanien, Frankreich, Italien und Rumänien. Turteltauben sind die einzigen Langstreckenzieher unter den Taubenarten Mitteleuropas. Sie verlassen zwischen Ende Juli und Anfang Oktober Europa, um südlich der Sahara zu überwintern.

Intensivierung der Landwirtschaft gefährdet die Turteltaube

Die 25 bis 28 Zentimeter großen Vögel mit ihrem farbenfrohen Gefieder ernähren sich fast ausschließlich vegan. Sie bevorzugen Wildkräuter- und Baumsamen. Dem Jahresvogel schmecken Samen von Klee, Vogelwicke, Erdrauch und Leimkraut. Diese Pflanzen wollen Landwirte nicht auf ihren Feldern haben. Darum hat sich die Taube seit den 60er Jahren angepasst und ihre Nahrung umgestellt. Der Anteil von Sämereien aus landwirtschaftlichen Kulturen macht nun in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebiets mehr als die Hälfte der Nahrung aus statt wie früher nur 20 Prozent. Im Gegensatz zu Wildkrautsamen stehen diese aber nur für kurze Zeit bis zur Ernte zur Verfügung und fehlen während der kritischen Phase der Jungenaufzucht.

Die Intensivierung der Landwirtschaft verschlechtert die Lebensbedingungen der Turteltauben enorm – ein Schicksal, das sie mit vielen anderen Jahresvögeln teilt. Die Ausweitung von Anbauflächen geht mit einem Verlust von Brachen, Ackersäumen, Feldgehölzen und Kleingewässern einher. Damit verschwinden Nistplätze sowie Nahrungs- und Trinkstellen. Viele Äcker werden außerdem mit Herbiziden von „Unkraut“ befreit. Doch von genau diesen Ackerwildkräutern ernährt sich die Turteltaube. Außerdem ist chemisch behandeltes Saatgut vergiftete Nahrung für die Tauben. Der NABU kämpft seit Jahren für eine EU-Förderung der Landwirtschaft, die Natur erhält statt sie zu schädigen.


Nun auch in der Kreisstadt – Der Vogel des Jahres 2012 im Zentrum von Eberswalde!

Foto: P.Tröltzsch
Foto: P.Tröltzsch

Wer sich in den letzten Wochen eine kurze Erholungspause auf der Bank vor der Maria Magdalenen-Kirche gegönnt hat ist vielleicht schon auf die mittelgroßen, kompakten und schwarzen Vögel mit grauem Kopf aufmerksam geworden, die mit einem scharfen, etwas metallisch klingenden "kjack - jack" elegant um den Backsteinturm kreist und dann in der runden Öffnung eines Turmfensters verschwindet.

Die passionierten Vogelbeobachter unter uns haben sie sicher schon erkannt; es handelt sich tatsächlich um Coloeus monedula, die in Brandenburg bestandsgefährdete Dohle, welche in den Turm der Maria Magdalenen-Kirche oberhalb vom Eberswalder Marktplatz eingezogen ist.

 

Nisthilfen mussten verändert werden

Die Ankunft der kleinen Rabenvögel in die runden Turmfenster ist der späte Erfolg eines langwierigen Prozesses. Die Kästen wurden, zusammen mit dem Turmfalkenkasten auf der Nordseite, von einer Arbeitsgemeinschaft in Berlin angefertigt und vor ein paar Jahren eingesetzt. Als problematisch erwies sich dabei, dass die gut 15 cm großen, runden Einflugslöcher nicht der Dohle, sondern eher den Stadttauben zusagten und die Besiedlung des friedhofsblonden Vogel mit den eisblauen Augen verhinderte. Die Kirchengemeinde sah sich gezwungen, mit Blick auf die drohende Verkotung des Gebäudes, die Einflugslöcher mit Kaninchendraht zu verschließen, sodass mögliche Besiedlungsbestrebungen der Dohle ein jähes Ende finden mussten. Im Februar dieses Jahres konstruierten NABU-Mitglieder dann zusammen mit anderen Nisthilfen mehrere "Dohlenbretter". Mit einem Topfbohrer wurden 6 cm breite Einflugslöcher in ein schmales Leimholzbrett gebohrt und dann auf einen Durchmesser von etwas mehr als 7 cm aufgefeilt. Die gelochten Bretter wurden dann von hinten an die schon bestehenden Einflugsöffnungen der Dohlennistkästen geschraubt und somit der Durchmesser verkleinert.

 

Die "stolze" Taubenbrust ist zu sperrig

Der Vorteil: Durch ihre sehr "brustbeinlastige" Physiognomie schaffen es Tauben nicht so ohne weiteres durch diese engeren Einflugslöcher zu schlüpfen. Zudem kommt für sie erschwerend hinzu, dass in der Nähe der Dohlenkästen kein Sims, keine Fahnenstange oder sonstige Strukturen vorhanden sind, auf dem sich die Taube vor dem Einfliegen niederlassen könnte und ihr so der bequeme Gang in die Nisthöhle deutlich erschwert wird. Die Dohle, als eleganter und wendiger Flieger hat dagegen wenig Probleme ihren geschmeidigeren Körper in die Einflugsöffnung hinein zu navigieren. Sie braucht lediglich etwas aufgeraute Fassade oder Rauputz an der Mauer und kommt dann problemlos in den sich im Inneren befindenden Nistkasten herein. Im Falle des Kirchenfensters an der Maria-Magdalenen-Kirche dient der nach dem Einbau der "Dohlenbretter" wieder aufgeschnittene eng anliegende Kaninchendraht als Kletterhilfe für die geschickte, immer ein bisschen schelmisch und verspielt wirkende Dohle.

 

Die Altvögel sind bereits bei der Fütterung

Bei einer Beobachtung am Abend des 07. Mai, an dem auch die Fotos entstanden sind, konnte eine weitere erfreuliche Entdeckung gemacht werden. Zumindest im rechten Turmfenster ist bei einem Dohlenpaar schon Nachwuchs zu vermelden. Deutliche Rufe der Jungvögel konnten sogar vom Kirchplatz vernommen werden. Aber auch der linke Dohlenkasten wurde besetzt. Hier scheint das Brutgeschäft allerdings noch nicht abgeschlossen zu sein. Die Hauptlegezeit liegt meist zwischen Mitte April bis Ende Mai in denen das Weibchen brütet und vom Männchen gefüttert wird. In dieser Zeit bewacht das Dohlenweibchen die Eier und "hudert", das heißt sie schützt die frisch geschlüpften Jungen vor Witterungseinflüssen, indem sie ihre Flügel über die anfangs noch nackten Jungvögel legt und diese an ihrem Bauchgefieder wärmt. Die frisch geschlüpften Jungen, im vogelkundlichen Fachjargon "pulli" genannt werden in den ersten Tagen vom Männchen gefüttert. Nachdem sie etwas herangewachsen sind und auch die Witterungsbedingungen im Frühsommer günstiger geworden sind, beteiligt sich auch das Weibchen an der Fütterung der Jungen. Das Nahrungsspektrum für die Nestlinge besteht in erster Linie aus größeren Insekten vor allem Käfer, aber auch Zweiflügler, Schmetterlinge, Hautflügler und Heuschrecken. Ergänzt werden kann diese Nahrung durch Spinnen und Tausendfüßern, sowie mitunter Eidechsen, Regenwürmer und Schnecken (Blotzheim et al. 1994:1714).

Die Altvögel ernähren sich zu großen Teilen von pflanzlicher Kost. Dazu zählen Keimlinge von Getreide, Hülsen- und Hackfrüchten, Salat, Kohl und Gurken, (keimende) Sämereien bis zur Größe von Eicheln, Kartoffelknollen außerdem verschiedenes Obst, Erbsen und Bohnen (s. ebd.). Im städtischen Bereich greifen sie auch gerne auf menschliche Nahrung zurück. Die unverdauliche Kost wird in Form Speiballen wieder ausgewürgt (vgl. ebd.).

 

Von wegen "Rabeneltern"!

Anders als ihr Ruf sind Rabenvögel äußerst fürsorgliche Eltern. Bei der Dohle wird außerdem großer Wert auf Sauberkeit gelegt.

Das Weibchen trägt die Ausscheidungen der Nestlinge in Form von Kotballen weg und stochert dazu sehr intensiv und ausdauernd zwischen oder neben den Jungen im Nestboden. Dabei werden die Exkremente förmlich auf den Nestboden "gerüttelt". Dazu schleudert es feinen Staub vom Muldenboden seitwärts über den Nestrand aus dem Nest. Der aufgewirbelte Staub könnte vermutlich sogar im Zusammenhang mit der Körperpflege der Jungen gegen verschiedene, blutsaugende Parasiten helfen (vgl. Blotzheim et al. 1994:1712).

 

Lebensraum ist wichtig für den Erhalt der Dohle

Die Dohle sucht ihre Nahrung bevorzugt in ausgedehnten extensiv genutzten Weidegebieten aber auch auf Trockenrasen und in traditionell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Kulturen. Die Größe der Population wird nicht nur vom Höhlenangebot, sondern auch von der als Nahrungsraum verfügbaren Graslandfläche beeinflusst (s. Blotzheim et al. 1994:1681). Bevorzugt werden gerade diejenigen Neststandorte ausgewählt, die sich in unmittelbarer Entfernung vom Grasland befinden. Vor allem für die Fütterung der ganz jungen Nestlinge ist die Nähe des Brutplatzes zum Nahrungsgebiet wichtig. In der zweiten Hälfte der Nestlingszeit können auch etwas weiter entfernte Bauernhöfe und Müllhaufen aufgesucht werden. Zudem bieten kommunale Mülldeponien und Abfallplätzen sowie Kläranlagen Ersatznahrungsräume. Der Rückgang der Dohle in weiten Teilen des Bundesgebiets ist also nicht nur aufgrund des fehlenden Nistplatzangebot zu erklären. Wie viele Vogelarten des Offenlandes ist der Lebensraum- und Nahrungsverlust durch Flächenversiegelung, Übernutzung oder Pflanzenschutzmittel Hauptursache ihres Verschwindens.

 

NABU-Aktion "Lebensraum Kirchturm"

Für die Kirchengemeinde hat sich das Engagement ausgezahlt. So wurde im Rahmen des Erntedankfestes am 30. September 2012 die Plakette „Lebensraum Kirchturm“ verliehen, eine Auszeichnung, die durch den NABU seit 2007 an Kirchengemeinden vergeben wird, die sich besonders für den Artenschutz in ihren Kirchen einsetzen.

 

http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/lebensraumkirchturm/

 

Man darf gespannt sein ob die Dohle sich in Eberswalde wieder etabliert. Ein Anfang ist gemacht für den Vogel des Jahres!

 

 

Quelle:

Blotzheim, U. G. v. (Hrsg.) et al. (21994): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Bd. 13 III – Passeriformes (4. Teil): Corvidae – Sturnidae Rabenvögel, Starenvögel. Wiesbaden: Aula.

 


Die Dohle - Vogel des Jahres 2012

F. Derer
F. Derer

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben die Dohle (Coloeus monedula) zum „Vogel des Jahres 2012“ gekürt. „Damit beleuchten wir eine der intelligentesten heimischen Vogelarten, die trotz ihrer Anpassungsfähigkeit immer weniger Nistmöglichkeiten findet. Mit der Ernennung zum Vogel des Jahres will der NABU sich verstärkt für die geselligen Dohlen einsetzen, denn ihre Lebensräume werden immer mehr eingeengt. So gilt es, die vielseitigen Stimmtalente besser zu schützen, denn Dohlen stehen bereits in mehreren Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten oder auf der Vorwarnliste.


Als Kulturfolger hatten sich die ursprünglichen Steppenbewohner in der menschlichen Nachbarschaft gut eingerichtet: Hohe Gebäude boten ihnen vorzüglichen Unterschlupf und Weiden, Felder und Wiesen mit Käfern, Heuschrecken, Würmern und Schnecken. Für die Landwirtschaft waren sie nützliche Helfer bei der biologischen Schädlingsbekämpfung und so lebten Mensch und Dohle jahrhundertelang einträchtig miteinander.


Der Dohlenbestand in Deutschland wird auf rund 100.000 Brutpaare geschätzt. Größere Dichten erreicht die Art nur noch regional, etwa am Niederrhein. Zum Rückgang der Dohlen tragen aktuell auch viele Gebäudesanierungen bei, die zwar wichtigen Energiesparzielen dienen, aber den Dohlen Brutplätze in Nischen, Mauerlöchern und Dachstühlen versperren. Wegen ihrer Vorliebe für Kirchtürme nannte man sie früher „des Pastors schwarze Taube“, doch die Türme vieler Gotteshäuser wurden inzwischen zur Taubenabwehr vergittert. Mit dem Projekt „Lebensraum Kirchturm“ weisen NABU und LBV auf die Gefährdung von tierischen Kirchturmbewohnern hin und setzen sich für deren Schutz ein. Seit 2007, als der Turmfalke Vogel des Jahres war, haben NABU und LBV bereits 500 Kirchengemeinden mit einer Plakette für ihr vorbildliches Engagement ausgezeichnet.

Foto: M. Vollborn
Foto: M. Vollborn

Im Jahr der Dohle soll die „Wohnungsnot“ der schwarz gefiederten Vögel mit den silber-blauen Augen gelindert werden. NABU und LBV rufen dazu auf, alte Lebensräume zu erhalten und neue zu schaffen, denn auch die Dohlen-Kolonien in alten Baumbeständen nehmen ab. So gelte es, naturnahe Altholzbestände und „Höhlenbäume“ zu schützen. Auch alte Parkbäume in Städten und Siedlungsräumen können diese Funktion erfüllen und dürfen nicht einer übervorsichtigen Verkehrssicherung oder Baumsanierungen zum Opfer fallen. Bei den noch verbliebenen Felsbrütern unter den Dohlen müssen Störungen durch Kletterer vermieden werden, etwa indem solche Felsen während der Brutzeit gesperrt werden. Damit in Betrieb befindliche Kamine nicht durch Nistmaterial verstopfen, könne man vorbeugend Schutzgitter oder Abdeckungen anbringen und den Vögeln andernorts alternative Brutplätze anbieten. Dazu eignen sich spezielle Dohlen-Nistkästen, die gerne angenommen werden und über den NABU bezogen werden können.


Zugleich hoffen der NABU und der LBV auf einen Imagegewinn für den Vogel des Jahres 2012 – denn tatsächlich sind diese kleinsten Vertreter der Rabenvögel weder Unglücksboten noch Pechvögel, wie mancher Volksmund sie schmähte. Vielmehr beeindrucken Dohlen durch ihr hoch entwickeltes Familien- und Gesellschaftsleben. Schon der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz war fasziniert von den lernfähigen und intelligenten Dohlen mit ihrem so geselligen wie geordneten Kolonieleben. Dohlenpaare sind sich ihr Leben lang treu und auch in der fürsorglichen Beziehung zu ihrem Nachwuchs sind sie keine Raben- sondern wahre Vorzeigeeltern.



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